Auf dem Territorium, auf dem heute das Staatsgebilde Tschechische Republik liegt, herrschten während gewisser Zeitperiode des letzten Jahrhunderts zwei verbrecherische Regime, die unermessliche persönliche und materielle Schäden verursachten. Seit 1938 war es der deutsche Nationalsozialismus und in der Nachkriegszeit der aus der Sowjetunion importierte Kommunismus. Beide Totalitarismen hatten mehrere Gemeinsamkeiten. Eine davon war der Antisemitismus – ob lautstark vulgär deklariert in Deutschland oder teilweise getarnt als Kampf gegen den Zionismus in der stalinistischen Tschechoslowakei.

Die Tragödien, die er für Millionen von Menschen verursacht hat, sind inzwischen allgemein bekannt. Neben den vergeudeten Leben brachte diese Zeit auch großen Schaden für die jüdische materielle Kultur.

Seit dem Mittelalter stehen Synagogen im Zentrum des religiösen, erzieherischen und sozialen Lebens der jüdischen Gemeinden.  Vor allem das 19. Jahrhundert brachte eine erhebliche Emanzipation mit sich, die sich nach außen hin in bemerkenswerten architektonischen Leistungen manifestierte, die oft von den vielfältigen Baustilen der Vergangenheit inspiriert waren.

Die Synagoge wurde so zu einem unübersehbaren Bestandteil der Stadtgestaltung vieler tschechischer Städte und Dörfer. Manchmal als stattliches Tempel an einer prestigeträchtigen Adresse, anderswo und öfter als bescheideneres Gebäude im jüdischen Viertel des Dorfes.

Bereits die erste Hälfte des XX. Jahrhunderts brachte jedoch einen gewissen Niedergang. Einige jüdische Gemeinden verschwanden, das religiöse Leben konzentrierte sich in größeren Gemeinden, und viele Synagogen dienten nicht mehr religiösen Zwecken oder wurden nur noch sporadisch genutzt. Ein entscheidender Wendepunkt war das als „Kristallnacht“ bezeichnete Nazi-Pogrom im November 1938, das in einem Augenblick irreparable Schäden an den Gebäuden und vor allem an der Inneneinrichtung verursachte, die in dem damals bereits abgetrennten Gebiet der Tschechoslowakei geschändet und zerstört wurde.

Die ganze Folgezeit – das Protektorat Böhmen und Mähren, die Nachkriegszeit 1945-1948 und die lange Periode des kommunistischen Totalitarismus bis 1989 vollendeten das Werk der Zerstörung. Die Synagogen ohne ihre meist ermordeten Besucher verfielen, wurden unterschiedlich umgebaut und entwertet. Das stoffelige Regime hat ohne Rücksicht auf die Geschichte und ohne Sinn für Schönheit ganze Stadtteile für den Bau von seelenlosen Wohnsiedlungen, überdimensionierten Parkplätzen oder proto-kommunistischen Palästen saniert.

Auf den hier veröffentlichten Fotos sehen wir die Orte, an denen früher Synagogen standen. Die meisten von ihnen verschwanden zwischen 1938 und 1989. Manchmal ist es offensichtlich, dass auf dem Bild „etwas fehlt“ – nur die Synagoge ist verschwunden und andere Gebäude im ähnlichem Baustil sind geblieben. Dies gilt insbesondere für die Folgen der Kristallnacht im Sudetenland. Meistens ist es jedoch schwierig, sich die ursprüngliche städtebauliche Situation eines Ortes vorzustellen, durch den der sogenannte Aufbau des Sozialismus fegte. Es war manchmal recht schwierig für den Autor, den richtigen Ort für die Erstellung des Bildes zu finden… Ohne alte kartographische Quellen wäre es fast unmöglich gewesen.

Diese Webpräsentation ist eine Ergänzung zu den Fotoausstellungen, die an mehreren Orten in der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland präsentiert werden. Die Arbeit umfasst bisher das Gebiet von Böhmen. Der mährische Teil folgt im Jahr 2022.